Segelsommer 2023 – Erlebnisse, Erfahrungen, Fazit und Ausblick

Nun bin ich ja bereits seit letztem Sommer Pensionär und wenn man dann eines genug haben sollte, dann sicher Zeit. So ist es aber leider doch nicht. Wie heißt es doch so nett ?!? „Sie müssen verzeihen, dies ist mein erster Ruhestand. Ich übe noch …“ Und so ist es tatsächlich auch. Zum einen waren viele Dinge vorzubereiten. Wir wollen unser Boot ja auch für große Reisen fit machen und zum anderen war das Frühjahr so nass und so kalt, wie lange nicht mehr. Alle Vorbereitungen konnten erst spät anfangen und zogen sich in die Länge. Auch der Nebenerwerb Fliegerei verlief ganz anders als geplant und vorgesehen. Das erschien zunächst wenig problematisch, weil unsere Abreise für den Sommertörn 2023 ohnehin erst zu Beginn des August geplant war. Das war im Nachhinein tatsächlich etwas unglücklich und obwohl wir bereits im letzten Jahr die Erfahrung gemacht haben, dass das Reisen in Schweden, zumindest mit Boot, besser in der Saison, anstatt in der Nebensaison stattfinden sollte, haben wir an diesem Plan festgehalten. Was sicher nicht vorhersehbar war, war die Wetterentwicklung im Sommer und Spätsommer. Die Erfahrungen im letzten Jahr waren nämlich durch einen außerordentlich schönen Spätsommer geprägt. So können wir in diesem Jahr einerseits von Glück reden, dass wir nicht bereits im Juli unterwegs waren, denn der war außerordentlich kühl und regnerisch, aber auch August und September haben sich in Skandinavien ausgesprochen kühl und herbstlich gegeben. Es war nie wirklich schlechtes Wetter und die Hinreise war angenehmer als die Rückreise. Richtig nass sind wir durch Regen selten geworden, Auf der Reise nach Norden bzw. Nordosten, hat uns der bisweilen kräftige Wind auf raumen und achterlichen Kursen gut vorangebracht, aber von Zeit zu Zeit kamen schon herbstliche Gefühle und Stimmungen auf. Der Rückweg glänzte durch häufige Schwachwindphasen oder Wind von vorne, der manches Ziel nur auf der Kreuz und hart am Wind ermöglichte.

Was aber ganz bestimmt festgehalten werden kann ist, dass wir eine viel zu große Route für die zur Verfügung stehende Zeit geplant haben. Unterm Strich sind wir an fast jedem Tag, zum Teil erhebliche Strecken, gesegelt. Wir haben viele Häfen aber nur wenig Städte und Orte kennengelernt. Die fehlenden Möglichkeiten durch den sehr eingeschränkten Betrieb in der Nachsaison waren das eine Manko, die fehlende Zeit das andere. Um sie zu genießen, hätte man für die gleiche Strecke die doppelte Zeit rechnen oder eben deutlich weniger Strecke planen müssen. Das wollten wir aber nicht, weil wir die Ziele in der Nähe kennen und auf zu neuen Ufern wollten. Also bleibt nur, man braucht mehr Zeit und die hätten wir uns nehmen müssen. Wie ich schon in vorherige Beiträgen erläutert habe, hätte dieses mehr an Zeit zwingend vor August, also in der Hauptsaison liegen müssen

Mit welchen Erlebnissen und Ereignissen wir im einzelnen zu tun hatten, möchte ich im folgenden, exemplarisch und chronologisch aufzeichnen.

Bereits zu Beginn unserer Reise war erkennbar, dass wir ein Dichtigkeitsproblem im Decksbereich des Vorschiffes haben. Bislang fiel nur auf, dass die Deckenpanele in der vorderen Kammer nach starken Regenfällen an verschiedenen Stellen nass waren und dass es von oben tropfte. Jetzt, da wir unterwegs waren und das Boot in verschiedenen Schräglagen bewegt haben, verteilte sich das Wasser auf großer Flächen und kam unkontrolliert von oben. Nach einiger Zeit stellte sich die poröse und an einigen Stellen löchrige Mastmanschette als Ursache heraus. Liegt das Boot ruhig im Hafen, ist im Regelfall nur der Mast selber und vielleicht noch die Umkleidung des Mastes betroffen. Bei Schräglage fließt das Wasser dann aber überall hin und ist nicht zu kontrollieren. Dieses Problem ließ sich während der Reise nicht in den Griff kriegen. Wir konnten den Mast zwar ein wenig besser abdichten. Das Problem als solches aber blieb.

Auf Bornholm zog ein umfangreiches Sturmtief mit erheblichen Regenfällen und Sturmböen bis zu 10 Bft. über die Ostsee und hat uns das erste Mal seit ich mit TASHAKOR segele für dreieinhalb Tage im Hafen von Nexø festgehalten – eingeweht. Nachdem wir zunächst schöne Tage auf Bornholm und den Erbseninseln hatten, mussten wir nach Rønne, um unseren Mitseglern die Rückreise zu erleichtern. Starkwind und Sturm waren zu dem Zeitpunkt bereits angekündigt. Wir verholten noch am Tag der Abreise unserer Mitsegler das Boot wieder auf die Ostseite Bornholms nach Nexø. Das war eine gute Entscheidung, obwohl trotzdem noch die Kaffeetassen durch Schräglage im Hafen vom Tisch fielen.

Über Schweden und die Ålandinseln in der Nebensaison habe ich mich schon hinreichend ausgelassen. Der Reiz der Einsamkeit und Stille wird zum Fluch, wenn man etwas wichtiges braucht. So war es uns über eineinhalb Wochen in Schweden nicht möglich unser Gas zum Kochen einzukaufen. Am Ende mussten wir mit einem Campingkocher vorlieb nehmen, um wenigstens einen Kaffee kochen zu können. Zudem haben viele Restaurants und Cafés geschlossen und man muss von Zeit zu Zeit auf drittklassige Imbissbuden ausweichen. Besonders herb traf uns die Nebensaison im Göta Kanal. Einerseits reist man im Konvoi und ist dadurch nicht mehr Herr der Planung. Außerdem durchquert man den Göta Kanal in fünf Tagen. Arbeit von morgens acht oder neun Uhr bis nachmittags 15, 16 oder auch mal 18 Uhr. An den Orten mit wunderschön klingenden Namen ist dann aber auch gar nichts mehr los. Selbst einkaufen wird zur Herausforderung. Der Göta Kanal ist ohne Frage wunderschön und die Reise dadurch ein Erlebnis. Dennoch würden wir es in dieser Form sicher nicht noch einmal machen. Im Konvoi und in einem eng gestrickten Zeitplan ist die Fahrt Stress für die Besatzung und vor allem ein Riesenstress für das Boot. Ca. siebzig Schleusen und unzählige Brücken, ein Höhenunterschied von über 90 Metern und Schleusen die sehr eng sind, belasten Boot und Crew. Außerdem ist man gezwungen zu motoren. Selbst auf den Strecken auf denen man segeln könnte, ist der Zeitplan im Nacken und wenig Wind oder Wind von vorne, nehmen oft die Entscheidung ab. So kommen zu den Kosten für den Kanal auch die Kosten für Diesel und auch der ist in Schweden teuer, wie alles …

Am zweiten Tag im Göta Kanal kam es zu einem folgenreichen Ausfall des Bugstrahlruders. Der Tag begann in Berg an der siebenstufigen Schleusentreppe Carl Johann. Wie immer kam der Wind von vorne, aber an diesem Tag etwas kräftiger mit 15-20, in Böen 25 kt. Beim Ausfahren aus der Schleuse drückte eine Böe den Bug nach Backbord und wie immer ohne Fahrt durchs Wasser und ohne fehlende Ruderwirkung ist der Bugstrahler Garant für ein sicheres Manöverieren. Dieser aber, versagte just in diesem Augenblick wo er gebraucht wurde, seinen Dienst. Er hatte sich abgeschaltet, aber diese Abschaltung nicht durch das typische Doppelpiepsen mitgeteilt. Oh Schreck! Es gab keine Möglichkeit in dieser engen Schleuse eine Havarie zu vermeiden. Der Vorsteven krachte auf die linke Schleusenmauer, das Heck in das hintere Schleusentor und die Steuerbordseite wurde durch die rechte Schleusenmauer beschädigt. Im Verlauf des Tages fiel der Bugstrahler immer wieder durch Abschalten aus. Auch die zusätzliche Stromzufuhr durch den mitlaufenden Generator konnte das nicht verhindern. Am darauffolgenden Tag konnte der Bugstrahler gar nicht mehr eingesetzt werden. Auffallend war parallel dazu, dass die 24 Volt-Batterien beim Laden außerordentlich heiß wurden. Dies gab ein ersten Hinweis auf das mögliche Problem. Weil aber alle 24 Volt-Verbraucher im Wesentlichen ohne Probleme arbeiteten, waren wir der Ursache noch nicht sicher. Ein zu Rate gezogener Techniker kam auch nicht zu einer eindeutigen Lösung und so bestellten wir per Internet zwei neue Batterien, die wir in Mariestad am Vännernsee abholen und einbauen konnten. Fortan war unser Problem behoben. Wahrscheinlich gab es in einer oder gar beiden Batterien einen Zellen- bzw. Kurzschluss und bei Belastung sank die Spannung derart, dass das System Bugstrahler sich abschaltete, übrigens tat der Plotter das auch bei jedem Versuch den Bugstrahler zu nutzen. Kleine Ursache, große Wirkung, unschöner Schaden …

Terminlicher Druck, berufliche Erfordernisse und der wirklich mangelnde Erholungsgehalt unserer Reise führte zum Abheuern der mitsegelnden Damen. Eine Verkürzung des Aufenthaltes an Bord stand immer im Raum und war auch so eingeplant. Nach erfolgreicher Passage des Göta Kanals und des Vännern sollte ab Trollhättan oder Göteburg die Reise nun zu zweit fortgesetzt werden. Trollhätte Kanal, Göta Alv, Göteburg und die schwedischen Schären im Westen, waren auch zu zweit problemlos zu meistern und so ging es bis ins Kattegat, wo das nächste Problem auf uns wartete …

Das Kattegat zeigte sich insgesamt sonnig und rau. Nachdem wir die Schären bei Göteburg verließen schwächelte der Wind zunächst, nahm aber im weiteren Verlauf kräftig zu. Wir rauschten mit beeindruckender Fahrt durch hohe Wellen. Die größte Insel im Kattegat Læsø, nicht weit von Skagen und der Nordsee entfernt, war unser erstes Ziel. Das wichtigste Anliegen war nun endlich wieder Gas zum Kochen zu bekommen und das gelang auf Anhieb zu einem Preis der dem deutschen gleicht. Wunderbar !!! In Schweden hätte das Gas, wenn überhaupt verfügbar, fast das zweieinhalbfache gekostet. Bei der Gelegenheit haben wir noch ca. 120 Liter modernen GTL (Gas to Liquid) Diesel von Shell getankt. Biofrei und supersauber. Leider wurde damit ein Problem in Gang gesetzt, welches bis heute noch nicht gelöst ist. Beim Einlaufen in den nächsten Hafen Anholt, nahm beim Hafenmanöver die Maschine keine Leistung an. Kurioserweise erreicht die Maschine ohne Last, also ausgekuppelt, alle Drehzahlbereiche spielerisch. Sobald ein Gang eingelegt ist und Gas gegeben wird Beschleunigt die Maschine auf ca. 1.100 RPM und nicht weiter. Manchmal kommt sie dann wie gewünscht auf Drehzahl. Manchmal aber auch nicht. Einmal über 1.500 RPM dreht die Maschine in allen Drehzahlbereichen problemlos und ohne jegliche Störungen oder Beeinträchtigungen. Wir prüften noch am Abend Getriebeschaltung und Gasbowdenzug der Einhebelschaltung. Alles arbeitete ohne Probleme. Wir haben Anholt Richtung Grenaa ohne weitere Maßnahmen an der Maschine verlassen. Das Risiko einer durch Reparaturversuch selbst geschaffenen Störung war zu groß und auf der Insel war keine weitere Hilfe zu erwarten. Außerdem haben wir ja ein Segelboot !!! Eine Teilstrecke mussten wir wegen Windmangels motoren und das war erwartungsgemäß überhaupt kein Problem. Nur beim Anlegen zeigte sich die gleiche Symptomatik. Glücklicherweise waren wenig Wind und helfende Hände an Land. Wir haben viele Maßnahmen durchgeführt und hatten jedesmal das Gefühl: ja, das war’s jetzt wird sie wieder vernünftig laufen. Leider nicht …

Wir haben beide sehr stark verschmutzten Vorfilter gewechselt, entwässert und entlüftet, ohne Erfolg. Wir haben den Maschinenfilter gewechselt, ohne Erfolg. Wir haben den Tank und den Kraftstoff reinigen lassen, ohne Erfolg. Wir haben die Vorförderpumpe gewechselt, auch das ohne Erfolg. Das Problem besteht nach wie vor.

Ein kleines, fast schon nebensächliches Problem ist, dass die Kupplung im Rückwärtsgang immer schlechter greift und all das, nachdem die Maschine und das Getriebe im letzten Jahr für sehr viel Geld überholt worden sind. Sehr ärgerlich …

Fortan hat uns die Maschinenproblematik belastet und beschäftigt. Jedes An- und Ablegen war eine große Zitterpartie. Die zwischenzeitlich ausgefallene Heizung und der Generator laufen inzwischen wieder. Das sagt uns, dass die Maßnahmen zumindest in Teilen in die richtige Richtung gegangen sind.

Von den drei möglichen Routenoptionen, Øresund, Großer oder Kleiner Belt haben wir uns für den Kleinen Belt entschieden. Zum einen ist er geschützter, zum anderen bei südwestlichen Winden genauso gut wie die anderen beiden Routen zu befahren. Dafür gibt es ab Schleswig-Holstein mehr Optionen. Die Rechnung ging gut auf. Allerding gerieten wir auf der Reise von Middelfart nach Alsen in ein Frontensystem mit mehreren Trögen. Wir hatten im kleinen Belt nördlich Alsen mit Starkwind und Sturmböen und entsprechendem Seegang zu kämpfen und erreichten Dyvig mit Windspitzen von über 40 kt (wahrer Wind). Unglücklicherweise mussten wir an unserem Ankerplatz bei diesen Bedingungen noch einmal verholen und natürlich nahm die Maschine zunächst kein Gas an, als der Anker aus dem Grund brach und das Boot wie eine Feder über das Wasser Richtung Land getrieben wurde. Glücklicherweise hielt der Anker bei den schwierigen Bedingungen sehr gut. Leider lief unsere Heizung zu dem Zeitpunkt noch nicht wieder und im Schiff wurde es klammer und klammer.

In Sonderburg gönnten wir uns einen Tag Ruhe und das war auch sehr gut so. Dann ging es in Riesenschritten nach Lübeck wo ein Crewwechsel stattfinden sollte und vor allem die Tankreinigung durchgeführt werden sollte.

Wir haben auf dieser Reise sehr viel Spaß gehabt und sehr viel gesehen. Eindrücke die man so schnell nicht vergessen wird, aber wir haben auch einiges gelernt …

Das wird Auswirkungen auf unsere zukünftige Planung haben. Was genau das bedeutet wissen wir noch nicht genau. Am Boot gibt es noch einige sehr wichtige Baustellen. Das war zwar auch vorher klar, wurde aber auf dieser Reise noch einmal deutlich. Ob wir tatsächlich im nächsten Jahr schon bereit sind Deutschland für lange Zeit zu verlassen, müssen wir noch einmal überdenken. Zumal auch hier in Deutschland noch einige Aufgaben dazu gekommen sind und erledigt werden müssen. Jetzt müssen wir erst einmal ankommen und das Boot winterfest machen. Zu tun ist genug …

Übrigens: nach den 1.706 Seemeilen im Sommer diesen Jahres, bin ich mit der TASHAKOR inzwischen 13.500 Seemeilen gesegelt und kann mir kaum ein besseres Boot vorstellen. Vielen Dank Najadvarvet !!!

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